Männer wollen doch alle nur das eine, klagt eine Redensart. Stimmt, sagt Cristián Gálvez: „Jeder Mann will ein Held sein.“ Warum das so ist, und vor allem wie das gelingen kann, beschreibt der erfolgreiche Redner und Coach in seinem „Logbuch für Helden. Wie Männer neue Wege gehen“.
Das Fazit zuerst: Die Lektüre lohnt sich! Das Buch ist flüssig geschrieben und bietet in leichter Sprache kluge Inspirationen und pragmatische Handlungsanregungen für Männer, die keinen Bock mehr auf ihren alten Trott haben und endlich den Helden in sich entdecken möchten.
Die Aufmachung gefällt: Kraftvoll-mythisches Cover, männliche Haptik, klarer Schriftsatz.
Gálvez meistert auf sympathische Art und Weise gleich mehrere Klippen: Männer werden als natürliche Helden dargestellt ohne dass dies lächerlich oder chauvinistisch rüberkäme. Ihre Denk- und Verhaltensweisen identifiziert er als logische Folge einer patriarchal geprägten Wirtschaftswelt ohne dass dies feministisch oder entschuldigend rüberkäme. Er integriert Methoden der Persönlichkeitsentwicklung, die für manche esoterisch-befremdlich erscheinen ohne dass sie esoterisch-befremdlich rüberkämen. Und: Auch für Frauen ist das Buch sehr erhellend!
Zwischen Monomythos und Blockbuster
Cristián Gálvez ermuntert seine Leser, ihr persönliches Heldenleben zu leben. Damit dies gelingt, seien verschiedene Schritte nötig und nützlich. Den Ablauf dieser Schritte sieht er in einer seit Jahrtausenden erfolgreich bewährten Reihenfolge – der archetypischen und kulturübergreifenden Heldenreise, wie sie Mitte des letzten Jahrhunderts vom Mythenforscher Joseph Campbell beschrieben wurde.
Helden daddeln nicht
Jede Heldenreise wird von einem „Ruf“ initiiert – ein Signal, dass dem Mann zeigt, dass es so wie bisher für ihn nicht weitergehen soll. Ein solcher Ruf kann in vielerlei Gestalt ertönen; wichtig ist, dass der Mann ihn überhaupt erst mal hört, und da sieht Gálvez eine Menge Handlungsbedarf:
Viel zu viele Männer seien viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Zeit im „Wasteland“ zu vergeuden, d.h. mit Tätigkeiten, die einen kurzen Kick versprechen und zugleich gnadenlos für ein immer tieferes Abstumpfen in geistiger und körperlicher Trägheit sorgen.
Zu viel Alkohol und mediale Ablenkung aber auch Workaholism, Einkaufen und Pornos als Ersatzbefriedigung für echte Bedürfnisse schadeten Körper, Geist, Herz und Seele, und so sei die Heldenreise immer auch der Weg, diese vier Anteile wieder in Balance zu bringen. Je stärker die Aufmerksamkeit auf’s Wasteland gerichtet ist, desto schwieriger würde es, den Ruf überhaupt wahrzunehmen, wodurch die Heldenreise erst gar nicht beginnen könne.
Ein Q für jeden Helden
Daran schließen sich die nächsten Schritte an, wie sie im Ablauf der mythischen Heldenreise stattfinden, und Gálvez beschreibt, was Mann konkret tun kann, um mit den zu erwartenden inneren und äußeren Widerständen aus eigener Kraft und mit fremder Unterstützung wahrhaft heldenhaft umzugehen. Apropos Unterstützung von außen: Lonesome Cowboy war gestern – wahre Helden suchen sich Verbündete!
Methodenfülle für ein Leben in Fülle
Leser ohne einschlägige Vorerfahrung werden sich im “Logbuch” gut zurecht finden, und der persönlicheitsentwicklungsgestählte Leser wird zur Auffrischung mancher Methode angeregt, die in Seminar und Coaching ihren bewährten Platz haben: Werte- und Glaubenssatzarbeit, Prioritätensetzung, Mindset-Aktualisierung, Strategie- und Zieleformulierung. Dazu kommen Anklänge aus dem Systemischen Denken, aus schamanischen und mittelalterlichen Traditionen (Memento Mori – kauf dir ‘ne Urne), aus Ritualarbeit, Gestalttherapie und Motivationsforschung.
Gálvez spannt einen breiten Bogen und bleibt dabei immer klar, verständlich und zugewandt. Es gelingt ihm, seinen Lesern charmant und nachdrücklich zugleich in den feige-faulen Hintern zu treten, so dass man noch vor der letzten Seite ein lautes „Los geht’s!“ ausrufen möchte.
Einfach machen!
Man merkt Gálvez den erfahrenen Storyteller an: Seine Bilder treffen ins Schwarze und transportieren die angebotenen Methoden elegant am Kopf vorbei dorthin, wo sie ihre transformierende Kraft am besten entfalten können. Ergänzt werden die Metaphern durch Kinohelden und Lebensgeschichten realer Helden aus Wirtschaft, Marketing, Sport und Gesundheit, die zeigen: Es geht… Mann muss dafür nur drei Dinge tun: 1. Machen, 2. Machen, 3. Machen.
5 Fragen an Cristián Gálvez:
// Den regelmäßigen Aufenthalt im persönlichen „Wasteland“ (Drogen, Medien, Konsum, Pornos u.a.m.) beschreibst Du als Verhinderer für ein Leben als Lebensheld – muss zur Spaßbremse werden, wer ein Held sein will?
Gálvez: Ganz und gar nicht. Die Frage ist nur, wo genau die Wurzeln der Lebensfreude liegen. Jeder Mensch sucht nach einer berauschenden Lebendigkeit im Leben. Wenn sich Männer in eine Achterbahn setzen und es langsam nach oben geht, dann schießt das Dopamin durch den Körper. Es sorgt für Vorfreude. Wenn wir dann im rasanten Tempo nach unten stürzen und durch Steilkurven und Loopings brettern, vergessen wir für einen kurzen Moment Zeit und Raum. Wir sind berauscht.
Am Ende haben wir das breite Grinsen im Gesicht. Es ist geschafft. Wir sind über uns hinaus gewachsen, Endorphine schießen durch unseren Körper und diese körpereigenen Glücksdrogen geben uns das intensive Gefühl, mitten im Leben zu stehen. Die Neurowissenschaften verdeutlichen, dass Männer im Vergleich zu Frauen überein stärker ausgeprägtes dopaminerges System verfügen. Sie sind damit häufiger auf der Suche nach dem Neuen. Hierin sehen die Wissenschaftler auch einen Grund für die größere Suchtanfälligkeit der Männer.
Eigenständig initiiertes Wachstum basiert immer auf Vorfreude und Zielerreichung. Unsere Neurochemie hilft uns dabei, motiviert ins Handeln zu kommen. Dafür hat sich Mutter Natur diese Stoffe ausgedacht. Denn die gleichen berauschenden Glücksgefühle, die wir beim Achterbahnfahren erleben, spüren Menschen auch, wenn sie Großes leisten und über sich hinauswachsen. Jeder kennt das aus dem Sport oder dem beruflichen Umfeld.
Dann entsteht das gleiche Strahlen wie beim Achterbahnfahren – nur eben anders ausgelöst. Während wir uns in der Achterbahn passiv in das Abenteuer stürzen, sind wir bei den anderen Erlebnissen am Erfolg beteiligt. Beides sorgt für ein gutes Gefühl. Der wesentliche Unterschied: das eine sorgt für einen vorübergehenden Kick, das andere ist dauerhaft, weil es etwas mit unserer persönlichen Entwicklung zu tun hat.
Und genau hier liegt die große Herausforderung. Unsere moderne Gesellschaft bietet unendlich viele Möglichkeiten für den künstlichen Kick. Fernsehen, Alkohol, Konsum, harte Drogen, Porno u.v.m. Außerdem existiert und funktioniert in jedem von uns ein jahrtausendaltes Programm: Mit wenig Aufwand viel Glück erreichen. Gerade deshalb wählen wir häufig den bequemen Weg. Wir schalten die Glotze an, um unser Leben abzuschalten. Deutschland surft als Weltmeister durch eine unendliche Flut von Pornoangeboten – der schnelle Klick für einen kurzen Kick. Und wir berauschen uns wie kein anderes europäisches Land durch den Alkohol. Mit der Zeit steigt die Dosis und wir entfremden uns immer mehr von unseren eigenen Möglichkeiten.
Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich aus einer inneren Zufriedenheit heraus mit Freunden hin und wieder mal ein Bier trinke oder ob ich ein Bier brauche, um mich innerlich zufrieden zu fühlen.
Die gute Nachricht: gerade die Parallelwelten, über die wir in der Öffentlichkeit nicht so gerne sprechen, geben uns gute Hinweise darauf, wo die größten Potenziale unserer persönliche Heldenreise liegen. Denn dahinter verbirgt sich eine tiefe Sehnsucht nach einem Gefühl, dass uns der Alltag derzeit noch nicht bietet.
* * *
// Der neue Mann habe seine neue Rolle noch nicht gefunden. Welche wünschst Du ihm? Und wie können Frauen ihre Männer und Söhne dabei am besten unterstützen?
Gálvez: Es gibt nur eine Rolle, die jedem Mann besonders gut steht: seine eigene. Es geht eben nicht darum, die Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen. Nichts wirkt auf Frauen anziehender als ein Mann, der seine Richtung kennt, lebt und verkörpert. Ein altes Sprichwort besagt: „Hunde die kriechen, verlangen nach einem Tritt!“ Ich wünsche vielen Männern den Mut, wieder mehr auf die eigene Stimme zu hören und mit großem Selbstvertrauen den eigenen Werten zu folgen. Keine Gesellschaft braucht Männer, die unter ihren Möglichkeiten leben, nur um einer Rollenerwartung zu entsprechen.
Frauen spielen hier eine zentrale Rolle, denn sie sind die besten Mentoren überhaupt. Die Figur des Mentors taucht namentlich bei Odysseus auf. Es war eine Frau – eine Göttin! Sie stand als liebevolle Unterstützerin an der Seite von Odysseus Sohn Telemach und förderte seine besten Seiten. Männer brauchen eine solche Göttin an ihrer Seite! Es geht um bedingungslose und stärkenorientierte Förderung aus großer und echter Liebe heraus und nicht um ein Verbiegen, Formen oder Zurechtstutzen. Nur so kann der Mann sein Bestes entdecken und dadurch der Frau eine völlig neue Qualität der Liebe schenken – tiefer, leidenschaftlicher, echter!
* * *
// Ist es allein Aufgabe des Einzelnen, die Balance aus „Körper, Geist, Herz und Seele“ (wieder-) zu gewinnen – oder gibt es auch eine Verantwortung bei Schule, Politik und Wirtschaft?
Gálvez: Institutionen sind dafür da, uns Räume der Entfaltung zu bieten. Dabei vergessen wir häufig, dass wir diese Institutionen erschaffen. Schule, Politik und Gesellschaft entstehen nicht durch kosmische Fügungen, sondern aus uns heraus. Die Verantwortung, Institutionen so zu gestalten, dass sie uns dienlich sind, liegt bei uns. Das fängt im Kleinen an. Viele Eltern schimpfen auf Schule und Lehrer, während die wenigsten sich aktiv am Schulgeschehen beteiligen. Hier wird Verantwortung abgegeben.
* * *
// Wenn Du einen einzigen Wunsch frei hättest, den die Gute Fee uns Männern erfüllen sollte: Was sollte sie bewirken? Warum? Und wozu?
Gálvez: Ich würde mir wünschen, dass sich Männer noch mehr Zeit für Ihren persönlichen Ruf nehmen. Jeder trägt ihn in sich, die wenigsten haben ihn gehört. Menschen, die zu jeder Zeit die beste Richtung ihres Lebens glasklar vor Augen haben, treffen bessere Entscheidungen, sind aus sich heraus motiviert, wertschätzen ihr Umfeld, sind offen für Veränderungen, finden leichter die richtigen Strategien, wagen Veränderungen und wachsen über sich hinaus. Gleichzeitig werden sie zu inspirierenden Vorbildern für eine Gesellschaft, die sich genau nach solchen Typen sehnt.
* * *
// Deine persönliche Heldenreise als Autor dieses Buches ist erfolgreich beendet. Mit welchem Geschenk kehrst Du in Dein „Dorf“ zurück, und wie hat Dich die Reise verändert?
Gálvez: Es war eine lange Reise mit vielen Geschenken. Am Anfang war es der disziplinübergreifende Ansatz. Die Antworten auf meine Kernfrage „Wie kann jeder Mann aus seinem Leben eine echte Heldengeschichte schreiben?“ , habe ich u.a. in der Psychologie, den Neurowissenschaften, der Coaching-Praxis aber vor allem bei der Analyse echter Lebenshelden gefunden. Gerade diese Begegnungen mit erfolgreichen und erfüllten Männern haben mich bereichert.
Bei der theoretischen Auseinandersetzung mit den vier fundamentalen Säulen Körper, Geist, Herz und Seele wurde mir bewusst, dass ich in Sachen Herzensfunktion alles andere als heldenhaft unterwegs war. Ich war über viele Jahre hinweg professioneller Dauersingle mit allen berauschenden Erfahrungen, die mein Leben mir ermöglichte. Ich habe nicht besonders viel ausgelassen. Und trotzdem blieb nach jedem Kick eine gewisse Leere.
Danach lebte ich zwar in einer festen Partnerschaft – aber auch hier legte ich eine gewisse Unverbindlichkeit an den Tag. Über das Schreiben des Buches wurde mir immer bewusster, dass gerade hier meine größte Wachstumschance liegt. Ich habe in mich hinein gehört, eine Entscheidung getroffen und meine persönlichen Widerstände überwunden. Seit März bin ich mit der Schauspielerin Nadine Arents verheiratet und fühle mich als Mann vollständig. Ein schönes Gefühl. Und ja: Die Reise geht weiter!
Auch spannend:
FEUERLAUF, SCHWELLENRÄUME, ERSTE SCHRITTE: ENTSCHEIDUNG UND ENTWICKLUNG
Das kenne ich noch nicht. Klingt super. Kommt auf die Leseliste!!