Heike W. aus S. (53)
Wie finde ich meine größte persönliche individuelle Kompetenz, um ein Business aufzubauen? Ich bin bereits Systemischer-Business-Coach und Unternehmerin/Maschinenbau.
Liebe Heike, wenn ich Sie richtig verstehe, besitzen Sie eine große Fülle an Kompetenzen:
- Sie sind Unternehmerin, d.h. Sie wissen, wie man ein Geschäft aufzieht, mit Geld umgeht, Produkte plant, entwickelt, umsetzt, Risiken eingeht und vermeidet, Unsicherheit aushält, Geld verdient, Mitarbeiter einstellt, führt, weiterentwickelt und entlässt usw.
- Sie kennen sich in Maschinenbau aus. Haben ihn vielleicht sogar studiert. Ein anspruchsvolles Fach. Sie können sich also umfangreiches Wissen aneignen, können analysieren und reflektieren, können durchhalten und mit Selbstzweifeln umgehen, können komplex denken und vieles andere mehr.
- Sie sind Systemischer Business Coach, d.h. Sie haben wahrscheinlich eine entsprechende Ausbildung gemacht. Nebenbei zu Ihrem täglcihen Broterwerb. Sie besitzen demnach Beharrlichkeit, sind fleißig, offen für Neues, interessiert an Menschen, haben sich erforscht hinsichtlich Ihrer Werte, Prinzipien und Glaubenssätze. Kennen Ihre inneren Widerstände und Blockaden. Haben das Grundwissen erworben, wie man Coaching als Beruf betreibt.
- Sie sind 53 Jahre alt. Sie besitzen fast 20.000 Tage Lebenserfahrung. Haben Verletzungen, Enttäuschungen, Niederlagen verkraftet. Haben Erfolge errungen und Schönes erlebt. Haben Kindheit, Pubertät, Berufseinstieg, Lebensmitte bewältigt. Vielleicht Partnerschaft und Elternschaft kennen gelernt. Sicher auch Grenzsituationen und Existenzielles. Und leben immer noch.
Das alles führt mich zu einer Gegenfrage: Wie schaffen Sie es, nicht zu wissen, was Sie können? Wie hindern Sie sich daran, Ihr Wissen zu sehen, wie man ein Business aufbaut?
Wer auf Facebook oder XING angibt, Coach oder Unternehmer zu sein, wird im Stundentakt von großen Versprechungen zugeknallt: „Gib mir Dein Geld, und ich nenne Dir Deine Berufung, Dein höchstes Potenzial, Deinen Traumberuf, Deinen eigenen Weg zum Glück, Deine erste Million.“
Spüren Sie in sich eine Sehnsucht danach? Dann hören Sie auf, sich auf Facebook und XING rumzutreiben.
Glauben Sie, dass es für Sie letztlich nur einen Weg gibt? Diesen einen und einzigartigen, der bestimmt ganz nah ist und ganz individuell und auch erleuchtend? Dann bitten Sie eine Coach-Kollegin, Ihnen zu helfen, Ihre Glaubenssätze ins Museum zu verbannen.
Oder geht es um etwas ganz anderes? Geht es darum, Zufriedenheit zu lernen, Lebensfreude zu empfinden, Dankbarkeit zuzulassen? Erfolge anzuerkennen und zu feiern? Sich selbst zu achten, zu lieben und zu ehren? Sich ok zu finden?
Liebe Heike W. aus S., für mich klingt Ihre Frage ein wenig so, als würden Sie einer Sehnsucht folgen, die sich aus dem Konsum von Happy-Magazinen, schlechten Glücksratgebern und den Vorträgen von Tschakka-Vertriebs-Rednern speist. Was ist denn ihre Sehnsucht? Die, die ganz aus Ihnen selbst kommt. Was lässt Sie schon morgens früh beim Aufwachen strahlen und voller Energie aus dem Bett springen? In welcher Tätigkeit geraten Sie in Flow und vergessen alles um sich herum? Wobei spüren Sie Sinnhaftigkeit?
Können Sie diese Fragen beantworten? Gut. Dann schreiben Sie die Antworten auf, und notieren Sie in einer Spalte daneben, welche Kompetenzen Sie besitzen, die dazu passen und die Ihnen diese Erfahrungen ermöglichen.
Dann treffen Sie eine Entscheidung. Was mögen Sie beruflich ausprobieren, und was braucht’s dafür? Dann treffen sie wieder eine Entscheidung. Welchen Schritt gehen Sie als nächstes? Dann treffen Sie wieder eine Entscheidung. Gehen Sie weiter, oder sind Korrekturen nötig?
Eine Entscheidung nach der anderen. Nach Ihrer Facon. So wie Sie persönlich es für richtig halten. Machen Sie Erfahrungen, und treffen Sie Entscheidungen. Welchen Preis zahlen Sie? Welcher ist Ihnen zu hoch? Wovon verabschieden Sie sich? Was lassen Sie los?
Vor allem: Entscheiden Sie sich, nicht mehr andere zu fragen, was Sie machen wollen! Entscheiden Sie sich, frei zu sein. Frei für sich selbst, frei von teuren Einflüsterungen.
Wenn Sie das alles wollen, aber nicht können, gehen Sie zurück auf Los. Dann braucht’s vielleicht Coaching, das innere Widerstände thematisiert und Zukunft visualisiert. – Oder etwas ganz anderes: Eine Beschäftigung mit dem Körper. Ihr Kopf ist gut geübt; Sie wissen viel, Sie grübeln viel, Sie machen sich viele Gedanken. Doch was ist mit Ihrem Körper? Spüren Sie sich? Kennen Sie die Berührungen und Bewegungen, die Ihren Körper glücklich machen? Bekommen Sie die in ausreichendem Maße? Fühlen Sie sich in Ihrem Körper zu Hause? Können Sie über Ihren Körper in Zustände von Wissen, Klarheit und Erkenntnis gelangen? Auf der rastlosen Suche nach unserer persönlichen höchst individuellen Berufung vergessen wir schon mal, dass wir als Menschen in erster Linie physische Wesen sind. Dann könnte es zielführend sein, an dieser Stelle erst einmal für eine neue Balance zu sorgen, bevor wir den Geist mit weiteren Fragen malträtieren.
Liebe Heike, das fällt mir spontan zu den zwei Sätzen ein, die Sie mir geschickt haben. Vielleicht finden Sie in meinen Sätzen einen Ansatz, der Ihnen ein wenig weiterhilft bei Ihrer Suche. Das wünsche ich Ihnen.
Ihr
PS. Allen Fragen und Antworten finden Sie wie immer hier