Laura (33)
„Lieber Harald, ich bin seit 10 Jahren quasi Single. Quasi, weil ich immer wieder Männer kennenlerne und für ein paar Monate date. Aber dann klappt es meistens aus den unterschiedlichsten Gründen doch nicht. Grundsätzlich bin ich attraktiv und stehe fest im Leben. Habe also grade. keine Probleme jemanden kennenzulernen – ‚nur‘ den Richtigen. Ich wünsche mir sehr eine feste Beziehung. Langsam bekomme ich das Gefühl, ich muss mich damit abfinden, dass es einfach niemals klappen wird und somit auch nicht mit Kindern bzw. einem Kind. Was kann ich tun, damit ich von tiefem Herzen daran glaube, dass ich auch ohne einen Partner glücklich sein kann und ich es dann auch wirklich bin?“
Liebe Laura,
zwei große Wünsche treiben Dich um: Der Wunsch nach einer tiefen, beständigen Liebesbeziehung und der Wunsch, Kinder zu bekommen. Dies sind keine bloßen Wunschzettel-Wünsche – sie sind zentrale Bedürfnisse menschlichen Daseins. Wir sind als Menschen nicht dazu gemacht, alleine zu sein, und wir spüren den biologischen Drang und eine seelische Notwendigkeit uns fortzupflanzen. Daher kann ich mir gut vorstellen, dass Du manchmal traurig oder sogar verzweifelt bist, weil es einfach nicht klappt.
Liebe Laura, Du schreibst, dass es Dir leichtfällt, Männer kennenzulernen und Dich für eine Weile mit Ihnen zu treffen. Nach ein paar Monaten geht Ihr dann wieder auseinander, und Dein Wunsch parkt weiterhin in Wartestellung.
Nun fragst Du, was Du tun kannst, um mit diesem Beziehungsmuster glücklich zu sein und auch ehrlich zu glauben, dass Du damit glücklich seist. – Da kannst Du nichts tun, liebe Laura, denn diese Art zu leben und zu lieben entspricht offensichtlich nicht Deinen Bedürfnissen.
Wir können viel tun, um unsere Bedürfnisse zu verdrängen, uns von ihnen abzulenken oder sie zu sublimieren, aber ich kann in Deiner Mail keinen höheren Zweck und auch keine zwingende Notwendigkeit erkennen, diesen Weg zu wählen. Außerdem widerspricht es meiner Haltung als Coach, einen Menschen dahingehend zu beraten, sich lieber dem Fatalismus hinzugeben als eine Lösung für den eigentlichen Wunsch zu finden.
Also werde ich Dir jetzt keine Empfehlungen geben, wie Du Dich selbst verleugnen kannst. Ich werde versuchen, Hebel zu beschreiben, wie Du vielleicht doch noch einen festen Lebens- und Liebespartner und Vater Deiner Kinder finden könntest.
Deiner Beschreibung nach hast Du schon eine ganze Reihe Männer gehabt, die alle eines gemeinsam hatten: Spätestens nach ein paar Monaten sind sie wieder aus Deinem Leben verschwunden.
Natürlich drängt sich da die Frage auf: Wie gelingt es Dir trotz Deiner reichen Erfahrung und Männerkenntnis jedes Mal erneut, einen Mann zu wählen, der nicht zu Deinen zentralen Bedürfnissen passt?
Man könnte ja meinen, dass Du mit der Zeit ein Gespür für die Falschen entwickelt hättest und schon in den Auswahlgesprächen Informationen einfließen ließest, die den Mann klar erkennen lassen, dass es Dir um mehr als eine nette Affäre geht.
Wie genau machst Du das, liebe Laura, Dich treffsicher in Männer zu verlieben, durch die Dein Herzenswunsch unerfüllt bleibt?
Das ist kein Vorwurf, sondern eine ernst gemeinte Frage, deren Beantwortung der Schlüssel für ein glücklicheres Leben sein könnte.
Was haben all die Männer im Kern gemein, mit denen Du geschlafen hast? Mit welchen Eigenschaften und Handlungsweisen haben sie Dich in Wallung gebracht? Welches tiefe Bedürfnis haben sie erfüllt?
Dies muss ein sehr tiefsitzendes, elementares Bedürfnis sein, dessen Erfüllung Dir nur durch sie möglich scheint. Und es ist nicht das Bedürfnis nach einem beständigen Lebenspartner und Kindsvater! Hier geht es um etwas anderes. Um ein Bedürfnis, das noch dringender erfüllt werden muss.
Wie viel Verzicht ist nötig für wahren Genuss, fragte uns unser Lehrer im Männerseminar. “Bist du bereit, Mann, die Befriedigung eines akuten Wunsches zurückstellen, um die Chance zu haben, einen noch viel größeren Wunsch zu befriedigen?”
Wie ist das bei Dir, Laura? Was würde sich im Moment des Verzichts zeigen? Mit welchen Gefühlen und inneren Dynamiken würdest Du in Kontakt kommen, wenn Du die Routine durchbrichst, und einen Mann, den Du heiß findest, nicht weiter datest? Dich nicht auf den Mann einlässt, der Dich wie magisch anzieht. Wenn Du ihn nicht an Dich heran und in Dich hinein lässt?
Welches Bedürfnis würde in diesem Moment nicht erfüllt? Und gäbe es dann eine andere Möglichkeit, es zu erfüllen? Eine andere Möglichkeit als die Dauerschleife Flirt-Sex-Verliebtheit-Trennung?
Du schreibst, dass Deine Beziehungen „aus den unterschiedlichsten Gründen“ nicht weitergehen. Gibt es da ein gemeinsames Muster? Woran in Deinem Leben, an wen in Deiner Ahnenreihe erinnert Dich dieses Muster?
Wissen Deine Männer, dass sie sich auf eine Frau einlassen, die eine feste Beziehung und einen Kindsvater sucht? Wenn nicht, warum nicht? Und wenn ja, wie würdest Du das Hindernis beschreiben, das sich da so plötzlich auftut? Das so unüberwindbar scheint, dass nur ein Beziehungsabbruch in Frage kommt.
Liebe Laura, ich könnte mir vorstellen, dass es Dir helfen könnte, für einen Moment mit dem Daten aufzuhören. Dich nicht weiter ins Außen zu wenden sondern erst einmal ins Innen zu richten. Dich selbst noch besser kennenzulernen, bevor Du weitere Männer kennenlernst.
Meine persönliche Erfahrung:
Je klarer wir uns über unsere Bedürfnisse und Grenzen werden,
je ehrlicher wir unsere Verletzungen anschauen,
je besser wir mit unseren Eltern ins Reine kommen,
je besser wir unsere Sexualität kennen und akzeptieren,
je offener wir auch unsere nicht gelebten Aspekte integrieren,
desto sichtbarer strahlen wir aus, wer wir wirklich sind, und desto magnetischer werden wir für Menschen, die genau dazu passen.
Wie kann man eine solche Innenschau angehen?
Einzelarbeit und Coaching sind für die tiefen Seelenthemen eine gute Möglichkeit. Frauenkreise und Tantraseminare können wunderbar Türen öffnen. Workshops, in denen sich Menschen explizit mit Beziehung und Beziehungsweisen und -modellen auseinandersetzen, können Klarheit schaffen.
Liebe Laura, wenn Du bis hierhin gelesen hast, hast Du Dich offenbar entschieden, doch noch nicht „von tiefem Herzen daran“ zu glauben, „ohne einen Partner glücklich“ werden zu wollen.
Vielleicht hast Du ja in meinen Ausführungen einen ersten Impuls gefunden, der es Dir wert scheint, ihm nachzugehen. Das würde mich sehr freuen, und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du Deinen Herzenswunsch eines Tages in Erfüllung bringst.
Alles Gute dafür!
PS. Allen Fragen und Antworten finden Sie wie immer hier