In ungezählten Coachings und Trainings auf vielen Hierarchie-Ebenen hat sich über die Jahre ein Standard-Satz herauskristallisiert, der nahezu alles enthält, womit sich nette Führungskräfte ihren Job selbst zur Hölle machen:
„Wie kann ich Dich unterstützen, dass wir hierfür eine Lösung finden?“
Auf Nachfrage betonen sie, dass sie freundlich und kooperativ führen wollen. Dass sie kein Arschloch-Chef sein wollen. Dass es ihnen wichtig ist, dass ihre Tür immer offen steht.
Sie alle haben die Typen satt, die Mitarbeiterführung mit einem Ego-Shooter verwechseln
und wollen es anders machen. Besser. Menschenfreundlicher.
Und sie leiden darunter, dass es nicht funktioniert.
Wir landen dann immer dabei, aus dem Satz
„Wie kann ich Dich unterstützen, dass wir hierfür eine Lösung finden?“
künftig drei bessere Sätze zu machen:
► „Meine Tür steht immer offen – und wenn Du zu mir kommst, bringst Du immer einen Lösungsvorschlag mit.“
► „Was tust Du, um hierfür eine Lösung zu finden?“
► „Wenn Du wirklich nicht weiterkommst, kannst Du mich ansprechen, und mir sagen, wie ich Dich unterstützen könnte.“
Was war passiert?
Die netten Führungskräfte hatten den Wunsch, etwas NICHT mehr zu sein: Unterdrückend, abweisend, autoritär, gemein, verletzend usw.
Bei der Umsetzung dieses Vorhabens haben sie jedoch vergessen, eine Alternative für dieses NICHT zu etablieren.
Unbeabsichtigt und unbemerkt hatten sie sich so das Äffchen auf die Schulter setzen lassen: Sie übernahmen ohne Not die Verantwortung ihrer Mitarbeiter für die Bewältigung von deren Aufgaben.
Ein NICHT als Handlungsmotiv reicht nicht aus – es braucht immer auch ein ETWAS: In diesem Fall ein UND:
„Ich bin ich grundsätzlich immer bereit, Dich zu unterstützen, UND Du bist dafür verantwortlich, was und wie Du eine Lösung findest. Wenn Du meine Unterstützung willst, musst Du mir proaktiv sagen, wobei Du Unterstützung brauchst.“
Ohne ein WOBEI nimmt die Führungskraft dem Mitarbeiter seine Eigenverantwortung weg, was zwei ungute Langzeiteffekte mit sich bringt: Die Führungskraft …
… bricht unter fremder Verantwortung zusammen und
… entmündigt ihre Mitarbeiter.
Dadurch wird ein System von Arbeitenden kultiviert, das die anstehenden Arbeiten bald nur noch unzureichend und freudlos bewältigt.
Wenn ich mit Führungskräften hierüber spreche, sehen sie wieder Land und schöpfen Hoffnung – und sie haben Sorge. Sorge, dass sie mit einem solchen Vorgehen nicht mehr nett seien, nicht mehr freundlich, nicht mehr respektvoll.
Auch hier greift das UND:
- Wir können klar sein UND respektvoll.
- Wir können grenzsetzend sein UND freundlich.
- Wir können fordernd sein UND nett.
Das macht sogar richtig Spaß!