Kathi (45)
“Lieber Herr Berenfänger, mein Mann, 53 Jahre alt, geht fremd seit über 10 Monaten mit seiner 21-jährigen Praktikantin. Die beiden sind Hals über Kopf verliebt, denken über Familie und Kinder nach. Ich bin sehr verletzt und entsetzt, da wir beide nach mehreren Versuchen kinderlos geblieben sind. Mein Mann meint, er liebt mich noch und mich zu verlassen, war nicht im Plan. Die junge Frau ist einfach so passiert, er kann aber auch nicht loslassen. Daher kommt eine Beziehung zu dritt in Frage. Wir Frauen denken, das ist programmiert zu scheitern, er meint, es könnte funktionieren. Ich fühle meine Werte und alles, wofür ich stehe, am Ende, wenn ich hier mitmache, aber möchte meinen Mann auch nicht verlieren, den ich leider immer noch liebe. Was nun?”
Liebe Kathi, es tut mir sehr leid, dass Sie seit bald einem Jahr so viel Verletzung erleben müssen. Das muss sehr schlimm für Sie sein.
Sie fragen mich, was Sie nun tun können. Im Grunde ist es ganz einfach – und natürlich doch nicht einfach.
Sie könnten weiter an der Seite ihres Mannes bleiben und zuschauen, wie er mit einem Fast-Noch-Kind vögelt. Sie könnten es mittragen, dass er mit ihr Elternschaft erlebt, was Ihnen beiden nicht vergönnt war. Sie könnten Ihren Lebensstandard einschränken, weil Ihr Mann einen Teil Ihres Geldes für eine andere Frau ausgibt und für den Unterhalt von Kindern, deren Mutter nicht Sie sind. Sie könnten es schlucken, mit einem Mann verheiratet zu sein, der sich in hohem Maße unreif, untreu und unreflektiert verhält. Sie könnten einem Mann die Stange halten, der von (offener) Beziehung keine Ahnung hat. Sie könnten auch mit ihm schlafen und sich dabei vorstellen, wie er morgen mit seiner Freundin vögelt, wohl wissend, dass er Ihnen damit sehr weh tut. Sie könnten treu zu einem Mann stehen, der zu feige ist, sich zu der Frau zu bekennen, mit der er über Kinder nachdenkt. Der zu feige ist, dafür zu tun, was nötig wäre (seine bisherige Beziehung zu beenden).
Sie könnten aber auch anerkennen, dass die Liebesbeziehung, die Sie beide einst eingegangen sind, seit 10 Monaten vorbei ist. Denn ganz offenbar hatten Sie sich darauf geeinigt, nicht fremdzuvögeln und nicht mit Dritten schwanger zu werden. Diese Abmachung – ob Sie sie ausgesprochen oder stillschweigend angenommen hatten, ist egal – wurde von Ihrem Mann vor 10 Monaten aufgekündigt. Ihre Beziehung ist vorbei, liebe Kathi.
Sie könnten natürlich dafür werben, eine NEUE Beziehung mit ihrem Mann zu beginnen. Dafür müssten Sie es freudig begrüßen, dass er neben Ihnen noch andere Frauen hat, mit denen er vielleicht sogar eine Familie gründet. Wenn Sie das voller Freude, Liebe und Wohlwollen akzeptieren können, dann müssten Sie sich zu dritt zusammensetzen und Rahmenbedingungen aushandeln, mit denen alle drei gut leben können.
Wenn Sie das nicht wollen, werden Sie keine neue Beziehung mit Ihrem Mann eingehen können.
Sie haben nun also die Wahl, an der Seite eines Mannes zu leben, mit dem Sie keine Beziehung haben, sondern nur eine zufällige Gleichzeitigkeit von Raum und Zeit und Gewohnheit.
Oder Sie entscheiden sich für die Liebe!
Liebe Kathi, leben Sie die Liebe! Fangen Sie an, sich selbst so zu lieben, wie Sie es verdienen. Wie es jeder Mensch verdient. Und dazu gehört: Definieren Sie Ihre Grenzen. Lassen Sie es nicht länger zu, dass der Mann an Ihrer Seite Sie dermaßen rücksichtslos verletzt. Verletzen Sie sich nicht länger, indem Sie sich weigern, sich selbst liebevoll zu beschützen. Holen Sie sich alle Hilfe, die Sie brauchen, um Ihre Grenzen zu erkennen und zu verteidigen. Kämpfen Sie diesen Kampf nicht alleine!
Es gibt 3 Gründe, warum wir Menschen nicht tun, was nötig wäre: Faulheit, Feigheit und Fixierung. Wir sind zu bequem, wir sind noch nicht mutig genug, wir sind das Bisherige zu sehr gewohnt. Allzu menschlich und allzu schmerzvoll, aber keine gute Basis für gute Beziehungen.
Kathi, Sie schreiben, dass Sie Ihren Mann immer noch lieben. Warum auch nicht? Das Herz will, was das Herz will. Aber! Nur weil ich einen Menschen liebe, muss ich doch nicht mit ihm zusammenleben. Sie können diesen Mann auch lieben, wenn Sie in getrennten Wohnungen leben. Sie können diesen Mann auch lieben, wenn Sie geschieden sind. Das Herz ist das Eine – die Form, in der sich die beiden Liebenden begegnen, ist das Andere.
Noch ein Wort zum Thema Beziehung zu Dritt. Erstens: Ihr Mann will keine Beziehung zu Dritt, denn dann hätte er längst dafür gesorgt, dass Sie drei sich gemeinsam darüber unterhalten. Zweitens: Die Freundin Ihres Mannes will keine Beziehung zu Dritt, denn dann hätte sie längst dafür gesorgt, dass Sie drei sich gemeinsam darüber unterhalten. Drittens: Sie selbst wollen keine Beziehung zu Dritt, denn dann hätten Sie längst dafür gesorgt, dass Sie drei sich gemeinsam darüber unterhalten.
Viertens: Eine monogame Zweierbeziehung sollte man erst öffnen, BEVOR sich jemand fremdverliebt. VOR der Öffnung sollten die beiden Partner klären, wie das für beide funktionieren könnte und was nicht geht (Sex, Zeitaufteilung, Kinderzeugen, Geld, Eifersucht usw.). Fünftens: Natürlich kann es passieren, dass man sich verliebt. Das ist auch nicht schlimm. Schlimm ist es, damit verantwortungslos und absichtsvoll verletzend umzugehen.
Liebe Kathi, ich kenne nicht die Perspektive Ihres Mannes, ich kann nur auf das reagieren, was Sie mir geschrieben haben. Aber selbst, wenn ich spekulieren würde, dass Ihr Mann gute Gründe haben könnte, mit einer Frau, die seine Tochter sein könnte, eine Beziehung einzugehen und mit ihr vielleicht eine Tochter zu zeugen… Selbst wenn es Gründe dafür geben würde, für die Sie mitverantwortlich sein könnten… Selbst dann verhielte er sich immer noch wie ein dummer, feiger Arsch. Und da frage ich Sie: Wollen Sie, liebe Kathi, wirklich mit einem dummen, feigen Arsch zusammenleben und bis an den Rest Ihres Lebens leiden?
Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie die Entscheidung treffen, mit der Sie am besten leben können. Wahrscheinlich wird keine Entscheidung Sie glücklich machen, aber Sie haben die Chance, eine Entscheidung zu treffen, die mittel- bis langfristig neues Glück möglich macht. Unglücklich sind Sie bereits, liebe Kathi… Da könnten Sie jetzt auch einfach was Neues ausprobieren.
Dabei wünsche ich Ihnen von Herzen viel Kraft.
PS. Allen Fragen und Antworten finden Sie wie immer hier