„Als Fachmann das UND leben. Balance und innere Haltung als Fundament erfolgreicher Männerarbeit“ – so titelt das Modul, dass ich zum Thema „Geschlechter-Vielfalt“ beisteuere. Zum 4. Mal schon startet der „Lehrgang Männerarbeit: Geschlechterreflektiert mit Jungen, Männern und Vätern arbeiten“, und diesmal bin ich als Referent mit dabei.
Maenner.ch in Kooperation mit Bundesforum Männer bieten wieder eine profunde Weiterbildung an für Männer, die mit Jungen, Männern und Vätern arbeiten. 3 Blockwochen im Seminarhaus Hollerbühl im südlichen Schwarzwald vom 26. November 2022 bis zum 8. Dezember 2023. Alle Infos hier
Und darum geht’s in dem Modul, das ich beisteuere:
Zeitgemäße Arbeit mit Männern und Jungen ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Balance-Ritt. Hinter jeder Ecke wartet schon die ultimative Frage: „Bin ich ein richtiger Mann?“ Dicht gefolgt von Zweifel („Mache ich es richtig?“) oder Hochmut („Ich weiß, wie es richtig ist!“). Es „richtig“ zu machen, muss Anspruch jedes Fachmanns sein – und zugleich ist die Frage nach dem richtigen Mann gescheitert, bevor sie auch nur erörtert werden kann. „Richtig“ kann es nur geben, wenn es „falsch“ gibt. A oder B. Schwarz oder weiß.
Männer lieben Konzepte und Strukturen. Sie haben gerne Recht und streiten auf Facebook, in der Familie oder als Staatspräsident darum, Recht zu haben, selbst wenn sie dadurch nur verbrannte Erde oder genervte Frauen hinterlassen. Wir benutzen Worte wie „Mann“, „männlich“ oder „unmännlich“ und verbinden damit Verhaltensweisen, Ideale und Werturteile. Wir laden „Männer“ und „Jungen“ zu Workshops ein und haben eine Vorstellung davon, wer sich anmelden darf und wer nicht. Zugleich zerbröselt uns das „Richtig-Und-Falsch“ zwischen den Fingern, wenn wir nur nah genug heranzoomen, um diese Kategorie konkret auf den Punkt zu bringen. Am Ende entzieht sich „Männlichkeit“ dem klaren Konzept, der definitiven Struktur, und jeder Versuch, an einer solchen festzuhalten, bringt uns in Kontakt mit Trotz und Dogmatismus. Und dennoch… Wer mit Jungen und Männern arbeitet, wer als Junge und Mann in dieser Welt einen guten Platz finden will, kommt um eine Klärung nicht herum.
Hier hilft uns die Öffnung für das UND. Für ein Beides-Zugleich.
Die Menschen beweisen täglich, dass sie die Welt immer dann in Probleme stürzen, wenn es um ein Entweder-Oder geht, wenn es nur Eines geben darf. Nur eine Wahrheit, nur einen Herrscher, nur einen Weg – und eben: nur eine Vorstellung davon, wer Mann und wer Frau ist.
Dieses Modul lädt dazu, als Fachmann in der Männerarbeit eine innere Haltung zu kultivieren, die beides zugleich zulässt: Expertise und Nicht-Wissen, Polarität und Fluidität, klare Überzeugungen und Offenbleiben, entschiedene Entscheidung und pures Sein, Handeln und Spüren (nicht zu verwechseln mit Beliebigkeit, Verzagtheit oder Unkenntlichkeit!).