Warum die unglücklichsten Sätze mit „Ich bin…“ anfangen.
Unzählige Bücher, Seminare, Studien, Podcasts, Vorträge widmen sich der Frage aller Fragen: Wie werde ich glücklich? Wer sich marketing-technisch besonders geschickt anstellt, wird mit seinen Antworten reich an Geld und Sex-Partnerinnen.
Auch NLP und Psychologie haben hierzu viele Impulse parat – aber jetzt und hier möchte ich eine andere Quelle ins Zentrum stellen: Die Talent-Show „America’s got Talent“, in der sich seit 2006 bis dato Unbekannte präsentieren; meist mit Liedern, aber auch mit Akrobatik, Magie und Tanz. Eine Jury wählt aus, wer eine Runde weiterkommt und am Ende einen großen Geldpreis mit nach Hause kommt.
In der Staffel aus dem Jahr 2021 betritt eine 30-jährige Frau die Bühne, die Jury und Zuschauer sofort mit einer berührenden Mischung aus innerem Frieden und purer Lebensfreude berührt. In dem üblichen, routinierten Vorgeplänkel ist dann plötzlich alles anders als sonst.
Auf die Frage, was sie beruflich mache, antwortet Nightbirde, wie sich selbst nennt, dass sie seit einigen Jahren nicht gearbeitet habe, weil sie mit ihrer Krebs-Erkrankung beschäftigt war. Und strahlt entspannt …
Auf die Frage, wie es ihr jetzt gehe, antwortet sie, dass gerade Krebs in ihrer Lunge, Wirbelsäule und Leber entdeckt worden sind. Und strahlt entspannt …
Das Lied, das sie singen will, heißt „It’s ok“, und auf die Nachfrage der betroffen wirkenden Jury, dass sie ja offenbar nicht ok sei, sagt die junge Frau: „Nun, nicht in jeder Hinsicht.“
Die Jury versucht das einzuordnen: „Du hast ein wunderschönes Lächeln und eine wunderschöne Ausstrahlung – niemand würde das ahnen.“ Und Nightbirde antwortet: „Oh, ich weiß das zu schätzen. Danke. Es ist wichtig, dass jeder weiß, dass ich so viel mehr bin als die schlimmen Dinge, die mir widerfahren sind.“
In dem Interview nach dem Lied mischen sich Jubel und große Berührung. Und plötzlich sagt sie diesen Satz: „Du kannst nicht darauf warten, bis das Leben nicht mehr schwer ist, bevor Du Dich entscheidest, glücklich zu sein.“
Und im Nachspann hören wir sie sagen: „Ich habe eine Überlebenschance von 2 %, aber 2 % sind nicht null Prozent. 2 % ist etwas, und ich wünschte, die Leute wüssten, wie großartig das ist.“ Und strahlt voller Lebensfreude …
Robert Dilts hat dem NLP seine Version der „Logischen Ebenen“ geschenkt und wirbt bis heute dafür, vorsichtig zu sein mit Sätzen, die mit „Ich bin …“ anfangen:
- Denn wer „ein Faulpelz ist“, kann nicht auch irgendwann fleißig arbeiten.
- Wer sich oder andere für „Versager“ hält, schließ exzellentes Verhalten grundsätzlich aus.
- Wer sich für eine „todkranke Krebskranke“ hält, kann nicht gesund werden oder den Rest seines Lebens Glück, inneren Frieden und Lebensfreude erfahren.
Theoretisch leuchtet das ein, und wer sich mit NLP befasst, hat das oft genug gehört – UND es berührt, bewegt und erschüttert, wenn man plötzlich jemanden wie Nightbirde sieht und hört, die dieses Modell wirklich radikal lebt.
So viele Menschen suchen nach dem Glück und geben dafür große Summen an Geld und Zeit her; nicht wenige gehen Scharlatanen und Gurus auf den ihren ausnutzenden Leim. Und sie hören viel Nützliches und Sinnvolles auf ihrem Weg.
Und! Am Ende landen wir immer auch genau an diesem einen Punkt: Entscheide Dich! Glück als Produkt kluger Lebensentscheidungen, aber immer auch als Ergebnis einer persönlichen aktiven Entscheidung.
Wie man hinreichend Stärke und Loslassen zeigen kann, um eine solche Entscheidung zu treffen, erklären dann wiederum unzählige Bücher, Seminare, Studien, Podcasts, Vorträge, Gurus und Scharlatane, seriöse Coaches und Therapeuten.
Aber sie alle können es nicht machen, dass ihre Klienten sich entscheiden – dieser letzte Schritt verbleibt in der Freiheit jedes Einzelnen. Und manchmal kann ein YouTube-Video einer Talent-Show den Tipping Point dazu bilden …