Anonym (42) schreibt:
„Ich schwanke im Moment täglich zwischen verschiedenen beruflichen Entscheidungen bezüglich Weiterbildung, Selbständigkeit oder Angestelltenverhältnis und kann mich nicht festlegen. Es kommt keine Ruhe rein, ich lese oder höre etwas und verwerfe meine Entscheidung und fange wieder an zu grübeln.“
Liebe(r) Anonym, das erste, was mir bei Ihren beiden Sätzen auffiel, war das – was nicht da war: Ich sehe keine Frage, ich weiß nicht, ob Sie Mann oder Frau sind (vielleicht auch nicht ganz so wichtig), und ich erfahre nichts über Ihre konkrete Lebenssituation: Was machen Sie? Haben Sie einen Job? Was haben Sie gelernt? Sind Sie alleine? Arm oder Reich? Unbefristet bis zur Rente oder frisch gekündigt? Alleinerziehend mit 12 Kindern oder frei und unabhängig?
Vielleicht zeigt sich hier ja schon ein möglicher Hebel, wie Sie mit Ihrer Situation künftig noch besser umgehen können (insgesamt werde ich Ihnen 10 Hebel skizzieren): Werden Sie konkret. Bekennen Sie Farbe. Machen Sie sich sicht- und hörbar. Kein Verstecken mehr. Sagen Sie Ihre Dinge klar und deutlich.
Hebel 2: Den Geist beruhigen
Wenn wir innerlich schwanken und keine Ruhe finden, ist die erste Entscheidung: keine Entscheidung zu treffen. Zumindest keine existenzielle. Zunächst müssen wir unseren Geist zur Ruhe bringen. Dabei helfen ganz wunderbar Achtsamkeitsübungen und Meditation. Und das beginnt ganz einfach: Nehmen Sie eine Köperhaltung ein, in der Sie entspannt und wach zugleich sein können. Atmen Sie ganz normal ein und aus, und richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Fluss Ihres Atems. Wo ist er gerade? Wie fühlt er sich an? Und wenn Sie bemerken, dass Sie sich ablenken ließen, kehren Sie (ohne Selbstkritik!) zurück zum Beobachten. Zwei Minuten, drei Minuten. Wenigstens einmal am Tag.
Hebel 3: Die Leidenschaft finden
Lernen Sie sich besser kennen. Es geht nicht so sehr darum, in welcher Form Sie arbeiten (angestellt, selbständig etc.) sondern, warum Sie tun, was Sie tun. Gibt es noch andere gute Gründe als Geld für die Miete zu verdienen? Machen Sie sich auf die Suche nach Ihrer tiefsten Leidenschaft. Wofür brennen Sie? Wofür brannten Sie einst? Wo entdecken Sie einen höheren Sinn, und wo erleben Sie Flow? Wenn wir uns darüber im Klaren sind, wird das Wie schnell von ganz alleine deutlich.
Hebel 4: Zur Kraftquelle gehen
Dazu passend meine Frage: Wo ist Ihre Kraftquelle? Wo können Sie immer und jederzeit Kraft und Energie tanken? Im Wald, beim Sport, im Gebet, am Meer, auf einer schamanischen Reise, in einer Schwitzhütte, in körperlicher Berührung, in der Verbindung zu Mutter Erde? Jeder hat eine solche Quelle – und das Leben wird erheblich leichter, wenn wir regelmäßig dort schöpfen.
Hebel 5: Sich etwas erlauben
Wie ist Ihr Mindset gestrickt? Gibt es noch Anlass zur Versöhnung? Zum Beispiel mit der eigenen Geschichte, mit dem Drang sich ständig zu vergleichen, mit dem Anspruch es allen recht zu machen, mit dem Wunsch perfekt zu sein. Innere Antreiber können wahre Sklaventreiber sein und brauchen dringend Innere Erlauber. Wofür dürfen Sie sich endlich die Erlaubnis geben?
Hebel 6: Das Stoppschild hochhalten
Wer viel grübelt, fragt oft eher Warum anstatt Wie. Beobachten Sie sich einmal eine Weile. Sollten Sie Ihr Hirn beim grübelnden „Warum nur…“ erwischen, machen Sie ihm klipp und klar eine Ansage: „Wen interessiert’s?! Und wenn schon! Fresse halten! Stopp!“ Das befreit ungemein und macht Spaß. Und bilden Sie stattdessen Fragen, die mit einem Wie beginnen. Warum führt in die (problemhaftete) Vergangenheit – Wie führt in die (mit neuen Möglichkeiten ausgestattete) Zukunft.
Hebel 7: Ungeahnte Lösungen denken
Vielleicht ist ein Sowohl-Als-Auch möglich. Sie können sich sowohl angestellt als auch selbständig weiterbilden. Sie können einen Halbtagsjob annehmen und den Rest frei arbeiten. Sie können noch mal ein paar Jahre angestellt sein und in dieser Zeit die Selbständigkeit vorbereiten. Machen Sie aus Ihrem Dilemma ein Tetralemma. Entweder-Oder begrenzt nur unnötig.
Hebel 8: Sich nichts vormachen
Solange Sie nicht einen glasklaren und unbändigen Zug verspüren, selbstständige Unternehmerschaft zu wagen: Lassen Sie’s bleiben! Grübelnd hält man den Anforderungen dieser Art zu arbeiten nicht stand.
Hebel 9: Die Wachstumsbremsen lösen
Es gibt drei Wachstumsbremsen: Faulheit, Feigheit und Fixierung. Wir sind zu bequem, wir trauen uns nicht, wird sind festgefahren im Denken. Zum Glück wissen wir heute, dass der Mensch dank der Neuroplastizität unseres Gehirns in jedem Lebensalter Neues lernen kann. Es braucht nur manchmal Unterstützung beim Lösen der durch Gewohnheit entstandenen Bremsen.
Hebel 10: Schreiben bis das Ego blutet
Noch ein ganz praktischer Tipp: Schreiben Sie. Jeden Tag. Exzessiv, aber mindestens 20 Minuten am Stück. Mit der Hand. Ohne den Stift abzusetzen. Ohne Blick auf Ausdruck, Rechtschreibung, Zeichensetzung, Schönschrift. Es kommt nur darauf an, die Tätigkeit des Schreibens auszuführen ohne die geringste Pause einzulegen. Und wenn Ihnen nichts einfällt, schreiben Sie „Mir fällt nichts ein. Verdammte Hacke. Mir fällt immer noch nichts ein. Dieser doofe Berenfänger. Was soll ich nur schreiben“ Irgendwann kommt was. Immer. Diese Art des Schreibens klärt den Geist, mindert das Grübeln, deckt unerwartete Antworten auf.
Viel Spaß und viel Erfolg
Ihr