Suchende (50):
„Warum boykottiere ich meine Jobsuche selbst? Vor vier Jahren fing es bei mir mächtig an zu rumpeln: beruflich (Personalleiterin im Mittelstand: betriebsbedingte Kündigung) und privat (Trennung). Privat läuft es mittlerweile wieder recht rund, aber berufliche fasse ich nicht mehr richtig Fuß. Ich habe eine längere Job-Pause eingelegt. Mich in der Zeit weitergebildet (Systemischer Business Coach), mich mit meinen inneren Themen auseinander gesetzt und um meine Familie und um meine Partnerschaft gekümmert. Nach etwas über einem Jahr und recht mühseliger Jobsuche bin ich in einem Konzern im Personalbereich untergekommen. Befristet, aber mit der Zusage auf Verlängerung. Die hat dann sehr kurzfristig nicht geklappt. Nach erneuter Pause und Jobsuche von vier Monaten bin ich bei einem großen Unternehmen im Personalbereich gestartet. Nach drei Monaten habe ich nach langem Überlegen aufgrund meiner Vorgesetzten (Führungsthema) gekündigt. Jetzt sitze ich seit 7 Wochen daheim und schaffe es nicht, mich zu bewerben und bin dabei total unglücklich.
Liebe Suchende, ich kann gut nachvollziehen, dass Sie unglücklich sind. Seit vier Jahren schon rumpelt es in ihrem Berufsleben. Sie mussten zahlreiche Niederlagen einstecken und sind jetzt ratlos, wie es in diesem zentralen Bereich Ihres Lebens weitergehen kann.
Es ist schon verrückt manchmal… Als ich vorhin in der U-Bahn darüber nachdachte, wie ich Ihnen antworten könnte, fiel mein Blick auf ein Plakat mit einem Zitat von Theodor Fontane: „Die Tränen lassen nichts gewinnen, wer schaffen will, muss fröhlich sein.“
Natürlich geht es nicht um ein billiges Kopf-Hoch-Wird-Schon, aber dennoch weist uns Fontane hier auf etwas hin, das sehr richtig ist. Wenn wir uns in Gefühlen wie Angst, Unsicherheit, Missmut oder Antriebslosigkeit einrichten, ist die Wahrscheinlichkeit, wichtige Ziele zu erreichen, sehr gering. Und beruflich neu Fuß zu fassen, ist ein sehr wichtiges und ein sehr anspruchsvolles Ziel.
Deshalb geht es aus meiner Sicht im 1. Schritt darum, dass Sie tun, was nötig ist, um in bessere Stimmung zu kommen. Alleine wird das jedoch schwierig, sonst hätten Sie es bereits geschafft. Also suchen Sie sich bitte andere Menschen, bei denen Sie mit Ihrem Thema willkommen sind. Zum Beispiel ein sogenanntes Erfolgsteam. Oder Sie schalten auf lokaler Ebene eine Anzeige und fragen dort nach Gleichgesinnten. Wichtig ist, dass Sie sich mindestens 1x pro Woche mit Menschen darüber austauschen, was Sie gerade konkret unternehmen. Mit Menschen, die jeden kleinen Erfolg mit Ihnen feiern. Mit Menschen, denen Sie ins Gesicht schauen müssen, wenn Sie seit dem letztem Treffen nur im Bett geblieben sind. Mit Menschen, die Ihnen Ideen und Zuspruch schenken. Und umgekehrt natürlich.
Liebe Suchende, ich sage es klar und direkt: Sie müssen unter Leute!
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass es erst gut laufen müsse, damit wir glücklich werden. Es ist genau umgekehrt. Entscheiden Sie sich, glücklich zu sein, damit es gut laufen kann.
„Glücklich“ ist in diesem Zusammenhang sehr niederschwellig gemeint. Hier bezeichnet es das geringst-notwendige Maß an Energie und Euphorie, das es braucht, um zu tun, was nötig ist. Und dieses Maß finden Sie sehr viel eher im Kontakt mit anderen Menschen als alleine zu Hause.
Im 2. Schritt sollten Sie mit einem Coach herausfinden, ob es tatsächlich Verhaltensweisen gibt, mit denen Sie sich selbst im Wege stehen (vielleicht stimmt das ja auch gar nicht): Innere Glaubenssätze, äußeres Auftreten. Was strahlen Sie aus? Welche Unternehmen fühlen sich von Ihnen angesprochen? Wie sehen Ihre Unterlagen aus? Was sieht, hört, spürt, riecht man, wenn man Ihnen begegnet? Es geht um Selbsterkenntnis über die eigene Außenwirkung.
Im 3. Schritt könnten Sie Kontakt mit Experten aufnehmen, die sich mit dem Arbeitsmarkt für Frauen, die fünfzig sind, auskennen. Dafür könnten Sie zum Beispiel auf die Website www.womenandwork.de gehen. Die Women&Work ist eine Recruitung-Messe, die einmal im Jahr in Frankfurt stattfindet. Unternehmen nutzen sie, um gezielt weibliche Mitarbeiter zu finden. Ab Januar schon werden auf der Website die ersten Stellenangebote veröffentlicht. Da die Initiatoren der Messe ausgewiesene Experten auf dem Gebiet „Frauen im Beruf“ sind, würde ich zudem empfehlen, einfach mal dort anzurufen – vielleicht bekommen Sie ja im persönlichen Gespräch weitere hilfreiche Hinweise.
Abschließend noch ein Gedanke: Ich habe den Eindruck, dass Sie sich in den letzten Jahren sehr intensiv mit der Innen-Welt beschäftigt haben: Partnerschaft, Familie, Coaching-Ausbildung… Vielleicht fehlt Ihnen einfach ein wenig Routine im Umgang mit der Außen-Welt. Wenn das so wäre, wäre es umso wichtiger, dass Sie so schnell und so oft wie möglich vom Innen ins Außen gehen, d.h. raus aus der Wohnung und unter Leute, und zwar unter Leute, die sich gezielt mit beruflichen Belangen beschäftigen, zum Beispiel in Netzwerken oder Berufsverbänden. Jede Stunde, die Sie nicht depressiv in Ihren vier Wänden verbringen, bringt Sie weiter!
Und wenn es Ihnen mal ganz schwer fällt aufzustehen, spielen Sie einfach das alte Kinderspiel Ich-Tu-Jetzt-Mal-So-Als-Ob: „Ich tu jetzt mal so, als ob ich motiviert wäre, unter Leute zu gehen. Wie würde ich dann wohl den nächsten Schritt machen?“ Fake it until you make it.
Liebe Suchende, ich hoffe, ich konnte etwas Zuversicht in Ihre Situation bringen und wünsche Ihnen viel Erfolg!
PS. Allen Fragen und Antworten finden Sie wie immer hier