Kollegenschelte hat immer einen faden Beigeschmack. Aber nun ist ein Punkt erreicht, an dem ich mich positionieren muss, an dem ich Grenzen setzen will.
Ich bin Philosoph, Autor und Coach… Und ich werde gerade von Statements überschwemmt, in denen Denker, Autoren und Persönlichkeitsentwickler explizit oder subtil
- Werbung für sogenannte Hygiene-Demos machen
- zum Widerstand gegen Schutzmaßnahmen aufrufen
- sich damit brüsten, das Social Distancing zu missachten
- fürs Sterbennlassen Geschwächter aufrufen
- Fakten leugnen
- sich auf die Meinungsfreiheit berufen, um ihr persönliches, rücksichtsloses Spiel zu spielen
Besonders erschreckend und empörend finde ich, dass dies auch Menschen tun, die seit Jahren oder seit Jahrzehnten Menschen in persönlichen Entwicklungsprozessen begleiten. Diese Menschen – zumeist Männer – haben Fans und Anhänger. Viele. Und damit haben sie aus meiner Sicht auch eine Verantwortung.
Doch statt zu sagen, was jetzt angezeigt ist, rufen Sie auf, ausschließlich auf das eigene Ego zu hören. Es zähle nur das, was ich persönlich will. Das aber ist kein Zeichen spiritueller Erweckung, kein Ausweis initiierter Männlichkeit, kein Beweis von Mut. Das ist kindisch, unreif und rücksichtslos.
Ich schreibe das hier an dieser Stelle, weil es mir wichtig ist, zu sagen, dass ich als Philosoph, Autor und Coach für derartige Asozialitäten nicht zur Verfügung stehe. Ich distanziere mich ganz ausdrücklich von Kollegen, die derart auftreten oder publizieren.
Ich achte zutiefst die Gefühle von Angst, Verunsicherung, Sorge, Zweifel, Ohnmacht, mit denen wir alle jetzt zu tun haben. Und ich stehe mit all meiner Kompetenz, meiner Erfahrung und mit meinem Herzen zur Verfügung, wenn mich jemand um Unterstützung bittet, mit diesen Gefühlen einen guten Umgang zu finden.
Es geht jetzt darum, zu erkennen und anzuerkennen, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Wir müssen die Eier haben, mit Nicht-Wissen und Nicht-Kontrollieren-Können klarzukommen. Wir müssen akzeptieren, dass es blöde Zufälle gibt und dass Fehler gemacht werden. Wir müssen lernen, dass das Leben gerade nur sehr bedingt planbar ist.
Der einfache Weg ist, diese Gefühle in Wut und Hass zu verdichten und das ganze Land zu gefährden. Für diesen Weg stehe ich nicht zur Verfügung – ich biete den anspruchsvolleren Weg an. Den Weg nach innen, den Weg der Reflexion, den Weg eines Erwachsenen, den Weg des reifen Mannes, den Weg durch ein Land, das wir noch nicht kennen.
Das können wir. Das dürfen wir uns wert sein. Das haben wir verdient.
Helden gehen nicht auf Hygiene-Demos.
Helden gehen den Weg von Wert und Würde.
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